Cadmiumgehalte in Schokolade

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Ursula Blum-Rieck

 

Genuss ja, aber in Maßen und nicht in Massen! So lautet das Fazit des CVUA Stuttgart speziell zu Bitterschokoladen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat auf der Basis einer neuen Risikobewertung die für Verbraucher noch duldbare Aufnahmemenge für das Schwermetall Cadmium abgesenkt. Vor diesem Hintergrund sind auch die natürlich bedingten Cadmiumgehalte in Schokolade neu zu bewerten. Zur Abklärung der aktuellen Situation wurde im Verlauf des März 2011 in einem speziellen Untersuchungsprogramm in 80 Schokoladenproben der Cadmiumgehalt bestimmt. Der Verbraucher wird im vorliegenden Bericht darüber informiert, welche Gehalte an Cadmium in Bitterschokoladen nachgewiesen wurden und welche rechtlichen Neuerungen es dazu gibt.

 

Unser Ergebnis: Schokolade aus Edelkakaosorten mit hohem Kakaoanteil enthält deutlich mehr Cadmium als andere Sorten.

 

Neue Risikobewertung für Cadmium

Cadmium ist ein Schwermetall, das sowohl aus natürlichen Quellen – durch vulkanische Emissionen und durch die Verwitterung von Gestein – als auch aus der Industrie in die Umwelt gelangt. Viele Schwermetalle sind für den menschlichen Organismus gesundheitsschädlich. Sie werden meist über die Nahrungskette aufgenommen und gelangen so in den menschlichen Körper. Auch Cadmium und seine Verbindungen sind in Lebensmitteln unerwünscht, da sie in zu hohen Dosen die Gesundheit schädigen können.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat im Jahr 2009 auf der Grundlage der Bewertung neuer Daten die lebenslang duldbare wöchentliche Aufnahmemenge (TWI-Wert) für Cadmium gesenkt. Diese liegt mit 2,5 µg/kg Körpergewicht nun deutlich unter dem bisher herangezogenen provisorischen Wert  von 7 µg/kg Körpergewicht.
Die durchschnittliche Aufnahme von Cadmium aus der Nahrung durch Erwachsene liegt in Europa ungefähr in Höhe dieses neuen TWI-Wertes von 2,5 µg/kg Körpergewicht. Bei bestimmten Bevölkerungsgruppen – wie zum Beispiel Vegetariern, Kindern, Rauchern und Menschen, die in hoch belasteten Gebieten leben – kann die Cadmiumaufnahme auch höher sein.

 

Infokasten

TWI-Wert = Tolerable Weekly Intake

Der TWI-Wert beschreibt die Menge eines Stoffes, die pro Woche und pro kg Körpergewicht lebenslang aufgenommen werden kann, ohne dass nachteilige Auswirkungen auf die Gesundheit zu erwarten sind.

 

Bitterschokolade kann mit Cadmium belastet sein

In den vergangenen Jahren ist die Nachfrage nach Bitterschokoladen stetig gestiegen. Gerade aber die kakaomassereichen Bitterschokoladen enthalten immer wieder auch erhöhte Cadmiumgehalte.
Seit Jahren ist bekannt (vgl. u.a. Stiftung Warentest 2007 Heft 12 / mit weiteren Informationen), dass insbesondere Edelkakaosorten aus Südamerika hohe Cadmiumgehalte aufweisen können. Ursache für die erhöhte Cadmiumbelastung der südamerikanischen Kakaobohnen sind die naturgemäß hohen Cadmiumgehalte der dortigen vulkanischen Böden, so dass die Kakaopflanze über das Wurzelwerk die Schadstoffe natürlicherweise aufnimmt. Je höher der Cadmiumgehalt des Bodens, um so höher auch der Cadmiumgehalt in der Kakaobohne. Je höher der Kakaogehalt in der Schokolade, um so höher ist deren Cadmiumgehalt.

 

Rechtliche Situation

Rechtlich verbindliche Höchstgehalte für Cadmium existieren derzeit für eine Reihe von Lebensmitteln, nicht jedoch für Kakao bzw. Kakaoerzeugnisse, wie beispielsweise Schokoladen.
Noch auf der Grundlage des damaligen weitaus höheren PTWI (provisional tolerable weekly intake) von 7 µg/kg Körpergewicht hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in einer Stellungnahme vom 31.01.2007 empfohlen, einen Höchstgehalt für Cadmium in Schokoladen zwischen 0,1 und 0,3 mg/kg festzulegen.
Am 12. Mai 2014 wurde von der Europäischen Kommission die VO (EU) Nr. 488/2014 veröffentlicht. Im Anhang dieser Verordnung wurden nun erstmals Grenzwerte für Cadmium in Kakao- und Schokoladenerzeugnissen festgelegt. Diese sind je nach Produkt unterschiedlich hoch:

 

  • Milchschokolade mit <30 % Gesamtkakaotrockenmasse:
    0,10 mg Cadmium/kg
  • Schokolade mit < 50 % Gesamtkakaotrockenmasse:
    0,30 mg Cadmium /kg
  • Schokolade mit >= 50 % Gesamtkakaotrockenmasse:
    0,80 mg Cadmium /kg
  • Kakaopulver, das an die Endverbraucher verkauft wird, oder als Zutat in gesüßtem Kakaopulver, das an die Endverbraucher verkauft wird:
    0,60 mg Cadmium /kg

 

Obwohl die Verordnung (EU) Nr. 488/2014 bereits jetzt in Kraft ist, gelten die im Anhang für Kakao- und Schokoladenerzeugnisse festgelegten Grenzwerte erst ab dem 01. Januar 2019. Damit soll den Lebensmittelunternehmern Zeit eingeräumt werden, damit sie sich auf die mit dieser Verordnung festgelegten neuen Höchstgehalte für Kakaoerzeugnisse einstellen können.


Man muss feststellen, dass die Grenzwerte relativ hoch ausgefallen sind, weil in einigen Regionen kakaoerzeugender Länder der Boden natürlicherweise hohe Cadmium-Gehalte aufweisen kann. Die EU ist deshalb bei der Festlegung von Grenzwerten den Ländern mit hohem Cadmium-Gehalt im Boden entgegengekommen.

 

Ergebnisse aus unserem Untersuchungsprogramm 2011

Wegen der Absenkung des TWI-Wertes für Cadmium durch die EFSA im Jahr 2009 sowie der zunehmenden Beliebtheit von Schokoladen mit hohen Kakaogehalten haben wir bereits im Jahr 2011 unsere Untersuchungen von Schokoladen auf deren Cadmiumgehalt verstärkt.
Zur Abklärung der aktuellen Belastungssituation wurden im März 2011 in einem speziellen Untersuchungsprogramm überwiegend Edelbitterschokoladen mit Kakaogehalten von mindestens 50 % untersucht. Der Fokus wurde dabei auf Erzeugnisse gelegt, die ach in den Vorjahren durch erhöhte Cadmiumgehalte aufgefallen waren.

Das Untersuchungsprogramm umfasste insgesamt 80 Proben. Davon wiesen 40 Proben (50 %) Cadmiumgehalte > 0,20 mg/kg auf, bei 19 Proben (24 %) lag die Cadmiumkonzentration ≥ 0,30 mg/kg. Der höchste Gehalt mit 0,51 mg Cadmium/kg wurde in einer Edelbitterschokolade mit einem Kakaogehalt von 72 % mind. ermittelt. Der Edelkakao stammte laut Angaben auf der Verpackung aus Ecuador.

 

Diagramm.

 

Das aktuelle Untersuchungsprogramm zeigte, dass sich die Cadmiumbelastung bei Edelkakaoschokolade mit hohen Kakaogehalten in vergleichbaren Größenordnungen wie bei den Untersuchungen der Vorjahre bewegt. Eine Tendenz zu höheren oder niedrigeren Gehalten ist nicht erkennbar.

Legt man zur Beurteilung der 2011 untersuchten Proben die zukünftig geltenden, je nach Kakaogehalt gestaffelten Grenzwerte zugrunde, so wären in keiner der untersuchten Proben diese Grenzwerte überschritten gewesen.

 

Infokasten

Cadmium – Aufnahmewege und Toxizität

Von Rauchern einmal abgesehen, wird Cadmium hauptsächlich über die Nahrung aufgenommen. Cadmium ist aufgrund seines ubiquitären Vorkommens in Böden sowohl in pflanzlichen als auch in tierischen Lebensmitteln vorhanden. Lebensmittel mit hohen Cadmiumgehalten sind vor allem Innereien, Meeresfrüchte, Wildpilze, Gemüse und Ölsaaten (z.B. Leinsamen).

Akut toxische Wirkungen sind sehr selten. Chronische Vergiftungen äußern sich insbesondere durch Nierenfunktionsstörungen, Wirkungen auf das Gefäßsystem (Blutdruckerhöhung), Blutarmut sowie Wirkungen auf das Knochensystem (Knochenmarkschädigungen, Osteoporose). Cadmium und seine Verbindungen wurden ferner durch die IARC (International Agency for Research on Cancer) als krebserregend eingestuft.

 

Abschätzung des Gesundheitsrisikos

Bei einer lebenslang duldbaren wöchentlichen Aufnahmemenge für Cadmium von 2,5 µg/kg Körpergewicht darf ein 60 kg schwerer Erwachsener pro Woche 150 µg Cadmium aufnehmen, ohne dass spürbare Auswirkungen auf die Gesundheit zu erwarten sind.
Bei einem regelmäßigen täglichen Verzehr von einer halben Tafel (50 g) Bitterschokolade mit einem Cadmiumgehalt von 0,30 mg/kg würde er allein durch die Schokolade bereits 105 µg Cadmium pro Woche aufnehmen. Der TWI würde dadurch nur durch die Schokolade zu 70 % ausgeschöpft werden. Legt man für die Berechnung einen nach der neuen Regelung immerhin noch zulässigen Cadmium-Gehalt von 0,80 mg/kg zugrunde, so wäre die lebenslang duldbare wöchentliche Aufnahmemenge bereits bei einem täglichen Verzehr von 27 g Bitterschokolade ausgeschöpft – unabhängig von der ohnehin vorhandenen Hintergrundbelastung. Angesichts dieser durchaus realistischen Verzehrsmenge erscheinen die neuen Grenzwerte als vergleichsweise hoch angesetzt.

 

Unser Fazit

Bitterschokoladen aus südamerikanischen Edelkakaosorten weisen häufig erhöhte Cadmiumgehalte auf. Bei regelmäßigem, hohem Verzehr solcher Schokoladen kann in Einzelfällen bereits allein durch die Schokolade der TWI-Wert erreicht bzw. überschritten werden.
Mit der Überschreitung solcher Vorsorgewerte sind zwar noch nicht zwangsläufig Gesundheitsschäden verbunden, trotzdem sollte auch beim Verzehr von Bitterschokolade der Grundsatz gelten:


Genuss ja, aber in Maßen, nicht in Massen!

 

Quellen

  • European Food Safety Authority, Cadmium in food; Scientific opinion of the panel on contaminants in the food chain (Question No EFSA-Q-2007-138), adopted on 30 January 2009;
  • Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), Cadmium in Lebensmitteln: Eine aktuelle Aufnahmeschätzung für die deutsche Bevölkerung (Verbraucherinfo 2009)
  • BfR schlägt die Einführung eines Höchstgehalts für Cadmium in Schokolade vor, Stellungnahme Nr. 015/2007 des BfR vom 31.07.2007

 

Artikel erstmals erschienen am 28.07.2011